Hammer, Nagel und Schraube

Projektmanagement-Tools in der Industrie

Was treibt eine Handvoll ehemaliger Projektleiter und -teammitglieder aus der Schiffbau- und Offshore-Industrie dazu, ein Projektmanagementtool zu entwickeln? Von denen gibt es doch nun wirklich genug. Oder?

Wir glauben vor allem deshalb an den Mehrwert unserer Lösung, weil wir uns in unseren Analysen sehr intensiv mit der Frage beschäftigt haben: „Was muss ein Tool wirklich können, um in der Planung und Abwicklung von Industrieprojekten einen Mehrwert zu stiften?“. Wir glauben fest daran, dass eine solche Software nicht weniger leisten muss, als dem einsetzenden Unternehmen einen echten, möglichst nachhaltigen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen.

Was im Handwerk noch greifbar ist - „Welche Maschine, welches Werkzeug macht meine Arbeit effizienter?“ – wird im Umfeld komplexer Industrieprojekte durch das Zusammenwirken einer Vielzahl von Variablen schnell abstrakt. Funktionen, Schnittstellen, Bedienbarkeit, Kompatibilität mit vorhandener Software, individuelle Projektverläufe, unternehmensübergreifende Kooperationen, etc.  

Genau diese Komplexität, die den Entscheidern die Auswahl geeigneter Tools erschweren, führt häufig dazu, dass die Wahl auf „die große Lösung“ oder „den etablierten Anbieter“ fällt. Mal ganz ehrlich: Wie soll eine solche Entscheidung neben den anderen Verantwortungsbereichen wirklich fundiert getroffen werden? Die große Software, die angeblich alles kann, die bei Mitbewerbern seit Jahren im Einsatz ist (erfolgreich oder nicht) und die vermeintlich flexibel genug ist, um sich auf individuelle Workflows der Unternehmen einzustellen, macht das Rennen.

Und die Softwarehersteller wissen das. Sie führen mit beeindruckenden Beraterteams immer weiter in die künstliche Abstraktion. Sie sprechen mit den Verantwortlichen aus unterschiedlichen Fachbereichen, nehmen Wünsche und Besonderheiten auf und müssen am Ende doch die Software-Standards einhalten. Das funktioniert seit vielen Jahren in großen Dienstleistungsunternehmen, in Banken, Agenturen und Softwarehäusern.

Erschwerend hinzu kommt der weitverbreitete Gedanke, dass das eigene Unternehmen an Abwicklungsstärke gewinnen wird, wenn es seine Prozesse an der großen Softwarelösung ausrichtet. Zugegeben: Ein kritisches Prüfen der eigenen Prozesslandschaft kann nie schaden. Aber aus unserer Erfahrung wird allzu oft entschieden: wir folgen dem, was der Softwarehersteller antizipiert hat – ohne kritisch zu hinterfragen, wie dies zu dem eignen Geschäftsmodell, der Unternehmensorganisation und last but not least den handelnden Akteuren, den Menschen in unserem Unternehmen, passt.

Ein Wettbewerbsvorteil wird so nicht entstehen. Selbst bei schneller, erfolgreicher Einführung und reibungsloser Anpassung der eigenen Prozesslandschaft ist man bestenfalls so gut wie die Konkurrenz.

Machen wir es konkret: Die meisten Projektmanagementsysteme am Markt sind ausgelegt auf reine Projektorganisationen mit einem starken Schwerpunkt auf agilem Projektmanagement, bei denen das Produkt iterativ weiterentwickelt wird. Diese Systeme funktionieren sehr gut, wenn es darum geht, Einzel-Aufgaben zu managen, kleinere Projekte zu planen oder die Kapazitäten innerhalb eines Projektteams zu überwachen. Sie haben eine Vielzahl an Features und erfordern, dass man sie „lebt". Jeden Tag. Zentraler Messpunkt sind erledigte Aufgaben oder implementierte Funktion, umgesetzt in Form von „Tickets". Wer das nicht „lebt“, nutzt bzw. "füttert" die Software nicht richtig und kann folglich keinen messbaren Erfolg erwarten.

Und die Industrie? Hat vollständig andere Herausforderungen in ihrer Projektbearbeitung. Sie muss in den Matrix-Strukturen ihrer Organisationen denken. Die Produktdefinition ist per Spezifikation bereits abgeschlossen, dafür unglaublich umfangreich. Die Produkte können nicht iterativ entwickelt werden, weil Teilprodukte für den Kunden keinen Mehrwert entwickeln. Es geht nicht darum, Aufgaben zuzuweisen - die Rollen sind i.d.R. bereits klar definiert. Es geht viel mehr darum, sehr, sehr viele Daten zu einem klaren Lagebild zu strukturieren.

Auch wenn in der Industrie ein Projektteam nur aus fünf oder zehn Personen bestehen mag, geht es um das Dirigieren eines gesamten Orchesters, bestehend aus mehreren hundert. Die Gesamtorganisation leistet am Projekt, nicht wenige Solisten. Gantt-Charts und Kapazitätsbetrachtungen liefert meistens ein ERM-System. Der Fokus des Projektleiters ist nicht nur die Produkterstellung in der Organisation, sondern insbesondere die Arbeit an Kunden und Lieferanten, Vertrags- und Nachtragsmanagement, sowie das Vorausahnen von projektgefährdenden Risiken.

Messpunkte in einer solchen Projektumgebung sind – völlig entgegen der oben beschriebenen Ticket-Betrachtung - Quality Gates, Übergabepunkte der Verantwortung von einem Bereich / einer Abteilung an eine andere – in möglichst kurzer Zeit, mit geringem Aufwand in der geforderten Qualität und dem erforderlichen Umfang.

Selbst wenn man wollte: In der Projektleitung eines hochkomplexen Projekts wie z.B. dem Bau eines Schiffes käme der/die Verantwortliche oft nicht dazu, ein PM-System aus der Software-Entwicklung in all seinen Facetten und Features zu nutzen, da man permanent in Kundenmeetings gefangen ist oder E-Mails beantworten muss. Er oder sie kann „die Software nicht leben“, sie nicht kleinteilig Tag für Tag bedienen. Aber es wird jederzeit ein Lagebild benötigt, wo das Projekt steht, um unternehmerisch handeln zu können. Es muss mit geringem Input (der Management-Time) ein großer Output (Information und Koordination) generiert werden. Je besser dies gelingt, desto größer der Wettbewerbsvorteil. Je gezielter er oder sie aus der eigenen Projekterfahrung die Quality Gates wählt, desto nachhaltiger ist dieser Vorteil. Die Software bleibt ein Tool, ihre virtuose Bedienung erfordert Können – wie im Handwerk.

Daher benötigt die Industrie andere PM-Tools als die Softwareentwicklung: Ein Hammer hilft mir nicht, wenn ich Schrauben effizient in die Wand drehen möchte.

zurück zur Blog-Übersicht